Wann der Vermieter die Wohnung besichtigen darf und wann nicht
Wohnungsbesichtigungen stellen für einige Mieter ein Problem dar. Manchmal verlangen Vermieter die regelmässige Besichtigung, um „nach dem Rechten“ zu schauen. Manchmal stehen sie auch unangekündigt vor der Haustür. In diesem Artikel klären wir anhand von zwei Beispielen und Auszügen aus dem Gesetzestext die gängigsten Fragen rund um das Besichtigungsrecht für Vermieter.
Das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter muss nicht immer gut sein. Interessenkonflikte beider Parteien führen des Öfteren zu Streitigkeiten und offenen Fragen. Eine dieser Streitigkeiten schilderte ein Leser auf derbund.ch. Dabei geht es um die Frage:
„Muss ich meinem Vermieter ständig Zutritt zu meiner Wohnung erlauben, wenn er das möchte?“
Die Ausgangslage ist folgende: Der Mieter möchte in eine neue Wohnung umziehen und hat nach langem Suchen eine Zusage für eine grössere Wohnung erhalten. Im Anschluss schrieb er seine Vertragskündigung für die aktuelle Wohnung und reichte sie fristgerecht ein. Während der letzten zwei Vertragsmonate möchte der bisherige Vermieter die aktuelle Wohnung offenbar umbauen oder (zumindest bestehende Mängel abstellen) und sendet zu diesem Zweck regelmässig Handwerker in die Wohnung - sehr zum Leid des bisherigen Mieters. Dieser arbeitet bis abends um 22:00 und steht morgens frühestens um 9 Uhr auf. Doch um 7:30 klingeln des Öfteren nun vom Vermieter gesendete Handwerker an der Tür und bitten um Einlass. Auch wenn einige Arbeiten im Nebenzimmer stattfinden und die Handwerker versuchen, sich leise zu verhalten, ist es doch noch so laut, dass ein weiterschlafen nicht möglich ist. Die Mieterin fühlt sich genervt, bekommt nicht genug schlaf und ist auf der Arbeit unmotiviert. Klar stellt sich ihr die Frage: Muss das wirklich sein? Darf mein Vermieter das mit mir machen? Ihr Vermieter hatte sieben Jahre Zeit, die Mängel zu beheben, hat nie einen Finger krumm gemacht und jetzt, zwei Monate vor ihrem Auszug fällt ihm ein, Handwerker mit lauten Bohrmaschinen, Hämmern und Sägen in die Wohnung zu entsenden, um seine eigenen Versäumnisse nachzuholen.
Natürlich muss sich die Vermieterin dieses Dilemma nicht gefallen lassen. Der Grund: Sie hat von den Ausbesserungsarbeiten keinen Nutzen mehr. Im Allgemeinen ist es gesetzlich so geregelt, dass Mieterinnen und Mieter Besuche vom Vermieter dulden müssen, um die Wohnung zu besichtigen, wenn es um die Weitervermietung oder den Unterhalt geht. Ebenso müssen Vermieter Unterhaltsarbeiten dulden, sofern durch sie Mängel oder Schäden behoben werden. Zwar ist das der Fall, doch da diese Mängel und Schäden bereits seit sieben Jahren bestehen, hat der Vermieter kein Recht mehr, diese mit dem Argument der Dringlichkeit zu begründen. Er muss tatsächlich solange warten, bis seine Vermieterin ausgezogen ist. Er muss auch dann warten, wenn die Wohnung danach aufgrund der nicht erledigten Reparaturarbeiten für eine Weile leer steht und er auf seine Einnahmen verzichten muss. Er hat die Situation durch sein passives Warten selbst verschuldet. Kein Mieter ist in einer solchen Situation dazu verpflichtet, seinem Vermieter entgegen zu kommen.
Wie oft müssen ausziehende Mieter die Wohnung für Besichtigungen zur Verfügung stellen?
Ein ähnliches Problem hatte Peter Hansen aus Zürich. Doch in seinem Fall ging es nicht um Bauarbeiten, sondern um Besichtigungstermine. Peter Hansen kündigte seine Wohnung fristgerecht und wollte Ende August 2017 ausziehen. Da er auf einen ordentlichen Termin kündigte, war nun der Vermieter am Zug, einen Nachmieter zu finden. Herr Hansen kam seiner Verwaltung in ihrem Vorhaben entgegen, indem er ihr pro Woche zwei Besichtigungen anbot. Überrascht hatte ihn die geringe Bewerberanzahl. Zum letzten Termin erschien nur ein Interessent.
Vor seinem nächsten Umzug plante Herr Hansen noch zwei Wochen Ferien im Ausland ein, um sich vom Stress zu erholen. Doch genau hier begann der Streit. Die Verwaltung war mit seinem Ferienwunsch nicht einverstanden. Sie teilte ihm mit, es hätten sich weiter Interessenten gefunden, von denen einige die Wohnung genau während seiner Ferienzeit besichtigen wollten. Sie betonte, dass Mieter gesetzlich dazu verpflichtet seien, die Wohnung wöchentlich für Besichtigungen zur Verfügung zu stellen. Doch ist das wirklich wahr?
Muss Herr Hansen auf seinen Urlaub verzichten, um den Interessenten die Besichtigung zu ermöglichen?
Ja, der Vermieter hat das Recht, die Wohnung zu besichtigen. Das Gesetz scheibt jedem Mieter vor, dem Verwalter Zugang zur Wohnung zu ermöglichen, wenn es für den Verkauf, den Unterhalt oder die Wiedervermietung erforderlich ist. Nachzulesen ist dies in Art. 257h OR:
"V. Duldungspflicht"- Der Mieter muss Arbeiten an der Sache dulden, wenn sie zur Beseitigung von Mängeln oder zur Behebung oder Vermeidung von Schäden notwendig sind.
- Der Mieter muss dem Vermieter gestatten, die Sache zu besichtigen, soweit dies für den Unterhalt, den Verkauf oder die Wiedervermietung notwendig ist.
- Der Vermieter muss dem Mieter Arbeiten und Besichtigungen rechtzeitig anzeigen und bei der Durchführung auf die Interessen des Mieters Rücksicht nehmen; allfällige Ansprüche des Mieters auf Herabsetzung des Mietzinses (Art. 259d) und auf Schadenersatz (Art. 259e) bleiben vorbehalten.
Jedoch muss der Verwalter die Besichtigungen zwei bis drei Tage im Voraus ankündigen und Rücksicht auf die Mieterschaft nehmen. Was nicht im Gesetz festgelegt wurde, ist, wie oft der Vermieter die Wohnung besichtigen darf. Angemessen sind ein bis zwei Besichtigungen pro Woche. Das ist ein Grund, weshalb Vermieter ihre Interessenten häufig in kleinen Gruppen kommen lassen.
Für Herrn Hansen bedeutet dies, dass er die Besichtigungen zulassen muss. Doch da der Vermieter auch Rücksicht auf ihn nehmen muss, kann er die Verschiebung seiner Ferien nicht verlangen. Grund dafür ist, dass der Mieter bei der Besichtigung selbst nicht anwesend sein muss. Es reicht, wenn er den Schlüssel beim Hauswart oder dem Nachbarn hinterlegt.
Wer also aus privaten oder beruflichen Gründen beim Besichtigungstermin nicht anwesend sein kann, kann die Besichtigung nicht verweigern, da der Mieter nicht zwingend persönlich anwesend sein muss. Was er jedoch kann, ist eine Vertrauensperson zu beauftragen, die zum Besichtigungstermin anwesend ist.
Wer seinem Vermieter verweigert, die Wohnung Mietinteressenten für Besichtigungszwecke zu zeigen, muss mit rechtlichen Schritten seitens der Verwaltung rechnen. Allerdings darf der Vermieter auch dann nicht das Mietobjekt ohne die Zustimmung des Mieters betreten, wenn alle rechtlichen Bedingungen erfüllt sind. Hier muss der Vermieter erst rechtliche Schritte einleiten.
Wenn der Vermieter unangekündigt vor der Eingangstür steht
Manche Mieter erleben regelmässig unangekündigte Besuche des Vermieters, um „nach dem Rechten“ zu sehen. Nicht selten fragen Vermieter dann auch, ob sie die Wohnung betreten dürfen. Ist das erlaubt? Nein. Mieterinnen und Mieter üben in der Wohnung das Hausrecht aus. Sie selbst entscheiden, wen sie in die Wohnung lassen und wer draussen bleiben muss. Auch der Eigentümer muss sich an dieses Gesetz halten. Nur unter den zuvor bereits erwähnten Bedingungen darf er in die Wohnung. Es gibt jedoch noch zwei Gründe, die ihn dazu berechtigen, auch unangekündigt in die Wohnung einzutreten.
- Wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Wohnung von der Mieterschaft vertragswidrig genutzt wird. Das kann beispielsweise die Untermiete oder das Halten von bestimmten Haustieren (z.B. Kampfhund) sein. Enthält der Mietvertrag keine Regelungen über Haustiere, dürfen diese grundsätzlich gehalten werden. Eine Ausnahme bilden jedoch Tiere mit hohem Stör- oder Gefährdungspotential wie Giftschlangen und Papageien. Hat der Vermieter einen begründeten Verdacht, dass sich ein solches Tier in der Wohnung befindet, darf er sie auch unangekündigt aufsuchen und nach dem Rechten schauen.
Für den Fall der Untermiete darf der Wohnungseigentümer die Wohnung nur dann unangemeldet besichtigen, wenn der Hauptmieter eine übersetzte Miete von den Untermietern verlangt. - Besteht ein Notfall und der Mieter ist nicht anwesend, ist der Vermieter zum Betreten der Wohnung berechtigt oder darf sie gar öffnen lassen, ohne sich zuvor eine Berechtigung vom Mieter einzuholen. Ein Beispiel hierfür ist ein Wasserrohrbruch.
Besteht weder ein Notfall, noch ein begründeter Verdacht, dass der Vermieter die Wohnung vertragswidrig nutzt, darf der Vermieter die Wohnung nicht betreten. Tut er es doch, begeht er nach §123 StGB (Strafgesetzbuch) Hausfriedensbruch.
Besichtigungsrecht kann durch Mietvertragsklauseln geregelt werden
Die Verwaltung hat die Möglichkeit, im Mietvertrag durch bestimmte Klauseln ihr Besichtigungsrecht auszuweiten. Dabei handelt es sich in der Regel um AGB. Damit unterliegen alle Vertragsklauseln der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Ungültig sind Klauseln, die dem Vermieter ein uneingeschränktes Besichtigungsrecht ohne Rücksichtnahme auf die Mieterschaft einräumen. Das bedeutet: Ganz gleich was im Vertrag steht, der Vermieter darf nicht unangekündigt nachts um 3 im Schlafzimmer stehen.
Müffelnde Wohnung berechtigt zur Besichtigung
Nehmen andere Mieterinnen und Mieter oder der Vermieter selbst Gestank aus der Wohnung war, darf der Vermieter die Wohnung besichtigen. Hier besteht der Verdacht, dass mit der Wohnung etwas nicht stimmt. Die Ursache für Gestank kann Fäulnis, Schimmel oder Verwesung sein. Um die Wohnung zu untersuchen und festzustellen, ob Instandsetzungsarbeiten notwendig sind, darf der Vermieter die Wohnung besichtigen. Doch auch hier gilt: Der Vermieter muss die Besichtigung zuvor rechtzeitig ankündigen. Rechtzeitig sind zwei bis drei Tage.
Ist zum Zeitpunkt der geplanten Besichtigung kein Gestank mehr feststellbar, darf der Vermieter die Wohnung trotzdem besichtigen. Der Grund dafür ist, dass durch die Beseitigung des Gestanks nicht automatisch etwaige Schäden am Wohneigentum beseitigt wurden.
Zudem haben Vermieter das Recht, sich alle fünf Jahre ein Bild von der Wohnung zu machen und sie zu diesem Zweck angekündigt zu besichtigen.