Wie Firstcaution zufriedene Kunden erfindet

Immer mehr Firmen versuchen mit gefälschten Bewertungen ihr Image aufzupeppen, um schlechte Bewertungen in den Hintergrund zu rücken und um das Gesamtbild des Unternehmens aufzubessern.

Firstcaution mischt mit und motzt seine Facebook-Bewertungen auf

Eine Recherche von Mietkationschweiz.ch ergab, dass sich auch die von der FINMA genehmigte Versicherungsgesellschaft Firstcaution AG dazu verleiten liess, auf ihrer Webseite und auf Facebook gefälschte Kundenmeinungen zu präsentieren.

Auf der Facebook-Seite der Firstcaution sind schon seit geraumer Zeit fragwürdige Aktivitäten zu beobachten. Einerseits gibt es negative Bewertungen von Kunden, die mit dem Service von Firstcaution aus dem einen oder anderen Grund unzufrieden sind und andererseits gibt es positive Kommentare von Benutzern, deren Echtheit in Frage gestellt werden kann.

Grundsätzlich gibt es verschiedene Faktoren, gefälschte Bewertungen zu entlarven. Eines der Hauptanzeichen ist, wenn mehrere positive Bewertungen innerhalb eines auffallend kurzen Zeitraumes auftauchen.

So bewerteten am 27. Juli 2016 innert wenigen Stunden gleich vier Personen Firstcaution mit 5 Sternen. Um 16:59 Uhr bewertet ein gewisser Yannik Pascal Firstcaution mit 5 Sternen und berichtet umfangreich von seinen äusserst positiven Erfahrungen mit dem Unternehmen und hebt Firstcaution von anderen Anbietern ab. Bei einem Klick auf sein Profil fällt auf, dass seine einzige Aktivität auf Facebook darin bestand, kurz vor der Bewertung um 15:49 Uhr ein Profilbild mit Blumen zu erstellen. Ansonsten scheint Yannik Pascal auf Facebook überhaupt nicht aktiv zu sein, was dafür spricht, dass es sich hier um einen Fake-Benutzer handeln könnte.

• 
• 
•  

Ebenso dürfte die Bewertung von Julie Latour ein Fake sein. Sie bewertete Firstcaution wenige Minuten später, um 17:16 Uhr, ebenfalls mit 5-Sternen. Auch hier gibt es nur eine einzige Profilaktivität: Das Erstellen eines Profilbildes um 17:06 Uhr mit Katzenfoto - also wenige Minuten vor der Bewertung. Nachdem Julie Latour Ihre Bewertung abgab, in der sie sich für die schnelle Bearbeitung, der einfachen Eintragung und dem super Preis bedankte, stellte Sie auf der Facebook-Startseite von Firstcaution die Frage, ob dieser tolle Service auch für ihr Geschäftslokal genutzt werden kann, woraufhin Firstcaution prompt antwortete und auf einen entsprechenden Link zur Website verwies.

• 
• 
•  

Um die Durchschnittsbewertung noch weiter nach oben zu treiben, bewertete um 18:18 Uhr Celine Le Gallais Firstcaution mit insgesamt 5 Sternen. Dabei handelt es sich um niemand geringeren als der neuen Geschäftsführerin des Unternehmens. Neun Minuten später bewertet ein weiterer Benutzer mit dem Namen „Firstcaution CH“ die Dienstleistung ebenfalls mit 5 Sternen.


Diese 4 Einträge in nur wenigen Stunden sind ein ernster Hinweis dafür, dass es sich bei den Bewertungen auf der Firstcaution-Facebook-Seite um selbst geschriebene Kunden-Bewertungen handelt. Besonders zwei Bewertungen zeigen ganz klar auf, dass es sich hier sehr wahrscheinlich um Fake-Benutzer handelt und nur für den Zweck einer Bewertung geschaffen wurden. Die anderen beiden Facebook-Profile (Firstcaution CH und Celine Le Gallais) wurden offensichtlich von Firstcaution selbst getätigt.

Der Kommentar in der Bewertung von Julie Latour macht ebenfalls auf „die sehr gut erstellte Website“ aufmerksam, die wir uns als nächstes unter die Lupe nehmen. Brisant: Auch hier entdecken wir erfundene Kundenstimmen, die von Firstcaution in die eigene Website eingebaut wurden.

„Sie sind es, die es sagten“

Unter dieser Überschrift und dem Untertitel „Sie haben sich für die Firstcaution-Lösung entschieden und Sie teilen Ihre Erfahrungen mit Danke für Ihr Vertrauen“ finden Webseitenbesucher auf der Startseite von Firstcaution.ch insgesamt vier Kundenstimmen mit Foto.

• 
• 
• 
• 
•  

Die Namen der vier vermeintlich zufriedenen Kunden lauten: Dominique Bréa, Emilie, Fabien Ressentera und Richard Allaman. Unter den Bildern befindet sich jeweils eine auffällig ausführliche Kundenmeinung, die umfassend die angeworbenen Vorteile von Firstcaution lobt. Die scheinbar detaillierten Angaben sollen Echtheit und Seriosität suggerieren. Der Betrachter soll glauben, die zufriedenen Kunden gäbe es wirklich.

Wer die Bilder der vier Personen mit der Google Bildersuche sucht, findet interessante Informationen über die genutzten Fotos:

Das Foto von Domique Bréa ist ein Stockfoto und kann von Jedermann im Internet auf shutterstock.com gekauft werden. Es wird auch von den englischsprachigen Websites www.wrisc.org.au oder www.powerofspells.com genutzt.


Das Foto von Emilie scheint zu einer Stundentin der Universität von New Hampshire zu gehören.


Das Foto von Fabien Ressentera gehört zum amerikanischen CEO und Autor namens Jim Stickley, der ironischerweise das Buch „The Truth about Identity Theft“, was auf Deutsch „Die Wahrheit über Identitätsdiebstahl“ bedeutet, veröffentlicht hat.


Richard Allaman heisst im echten Leben Sam Muirhead und ist ein in Berlin ansässiger Filmemacher aus Neuseeland.


Auf Anfrage von Mietkautionschweiz.ch schreibt Sam Muirhead über das positive Urteil: „[…] es ist gefälscht, sowas ist mir SEHR oft mit diesem Foto passiert. Mein Name ist nicht Richard Allamann, und das Feedback ist nicht von mir.“

Somit ist klar, dass Firstcaution seinen Webseitenbesuchern gefälschte Kundenmeinungen präsentiert. Verheerend, denn obwohl gefälschte Bewertungen im Internet gang und gäbe sind, geht es hierbei um erfundene Kundenstimmen die in die eigene Firmenwebsite eingebaut wurden und nicht um Drittportale, bei welchen über den eigentlichen Urheber gestritten werden kann.

Fazit:

Ganz gleich ob es sich um ein etabliertes Unternehmen oder ein junges Startup handelt: Seine Kunden nicht zu betrügen, sollte zum Ehrenkodex jedes Unternehmers gehören. Und wer nicht einmal vier zufriedene Kunden für seine Startseite findet, sollte sich ernste Gedanken über sein Geschäftsmodell machen. Alles in allem kann man nur von Firstcaution abraten. Mietern, Vermietern wie auch zukünftigen Investoren.

Woran kann man gefälschte Bewertungen erkennen?

Achten Sie auf die Sprache
Achten Sie auf extreme und äusserst enthusiastische Kundenmeinungen. Viele falsche Bewertungen nutzen eine übertriebene Sprache. Wenn Sie also lesen: „Das war das beste Angebot, das ich jemals wahrgenommen habe“, dann schauen Sie besser zweimal hin.

Ein übertriebener Jargon verrät Fake-Bewertungen
Passen Sie auch auf Bewertungen auf, die sich wie das Handbuch eines Produktes lesen. Fake-Bewertungen nutzen gerne den kompletten Produktnamen mit allen Einzelheiten, um die Suchmaschinen auszutricksen. Das gleiche gilt für exzessive Betonung der technischen Details. Echte Menschen sprechen anders.

Zeitraum
Es lohnt sich das Datum einer Bewertung anzuschauen. Tauchen in einem kurzen Zeitraum besonders viele positive Wertungen auf, kann das ein Zeichen von gefälschten Bewertungen sein.

Stil und Länge der Bewertung
Zu ausführliche Bewertungen sind ebenfalls ein Indikator für Fake-Bewertungen. Denn wer nimmt sich schon freiwillig so viel Zeit, um seitenlang seinen Standpunkt zu einem Produkt abzugeben? Meistens gehen die Fälscher dabei auch noch sehr ins Detail und nehmen das Produkt technisch auseinander.

Überprüfen Sie den Bewertenden
Schauen Sie sich das Profil des Bewertenden an. Wenn das Profil genau an dem Tag erstellt wurde, an dem die Bewertung erfolgte oder das Profil immer nur für eine bestimmte Firma schreibt, ist das ein grosses Warnzeichen.

Achten Sie auf Details
Wenn Sie an eine schlechte Erfahrung mit einem Produkt denken, können Sie sehr wahrscheinlich ganz genau sagen, warum es schlecht war. Wenn jemand in seinem Bericht nur sehr lapidar erwähnt, warum das Produkt sehr gut oder schlecht ist, sollten Sie sich zweimal überlegen, ob Sie der Bewertung vertrauen. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass man Bewertungen nicht einfach unkritisch und ohne zu hinterfragen auffassen soll. Auch als User selbst kann man etwas dafür tun, damit den falschen Bewertungen nicht zu viel Gewicht zukommt. Dies geht am einfachsten, indem man selbst ehrliche Bewertungen abgibt. Erst dann können sich Hersteller zu Recht über eine 5-Sterne-Bewertung freuen.